Es war nicht das erste Mal in der Geschichte von Thymelicus, dass eine neu gegründete Stadt vielversprechende Voraussetzungen hatte. Ich erinnere mich daran, wie mir mein Vater in meiner Kindheit von Adventoria erzählte. Er nannte die Stadt das "Zentrum der neuen Welt". Viele aus meiner Heimat folgten damals dem verlockenden Angebot, sich in Thymelicus ein neues Leben aufzubauen. Ein idyllisches, friedliches Leben ohne die Hektik und den Stress aus dem Alltag einer Großstadt beziehungsweise der Ruhelosigkeit eines großen Reiches. Genau das bot Thymelicus und das bietet es auch heute noch mit seinen endlosen grünen Steppen und dicht bewachsenen Wäldern. Die Natur von Thymelicus ist so schön und unberührt wie eh und je. Nur ein wahnsinnig kleiner, kaum merkbarer Teil enthält Spuren der letzten Generation von Siedlern. So sah sie auch bereits aus, als ich meine Sachen packte, um mich auf den Weg zu machen. Als ich in Adventoria ankam, konnte ich meinen Augen kaum trauen. Von den großen Geschichten, die mir mein Vater immer erzählte, hatte ich ein komplett anderes Bild. Was ich erwartet hatte: Eine Stadt mit einer wunderschönen Steinmauer, prunkvollen Verzierungen und Pflanzen neben den gepflasterten Wegen und Händler, Reisende und alle möglichen Leute, welche die Stadt beleben. Was ich sah: Eine Ansammlung von verfallenen oder abgebrannten Gebäuden, eine Mauer, die beinahe auseinander fällt und eingestürzte Gebäude wohin ich sehen konnte. Meine Pläne, Adventoria als Startpunkt für meine, wenn man so will, "Abenteuer" in Thymelicus zu machen, war innerhalb von einer Sekunde zunichte gemacht. Eine Alternative musste her. Wie fing der erste Siedler in dieser Welt an, als es die Stadt noch nicht gab? Er siedelte sich irgendwo an, er muss also an einer schönen Stelle angefangen haben, sich ein eigenes Haus zu errichten. Also beschloss ich, es ihm gleich zu tun. Betrachtet man Adventoria als Zentrum dieser "Neuen Welt", so fand ich im Nordwesten eine ideale Stelle, an der ich begann, mein Haus zu errichten. Viele Dinge im Alltag gestalteten sich allerdings als schwierig, da man schon mehrfach begabt sein muss, um sich um alle Dinge alleine zu kümmern. Niemand ist schließlich Schreiner, Steinmetz, Viehzüchter, Fischer etc. in einem. So kam es dann nach kurzer Zeit dazu, dass ich mich mit der Asiatin Devola anfreundete, welche ähnliche Ambitionen besaß wie ich zu der Zeit. Wir beide hatten die Idee, was auch immer Adventoria falsch getan hatte, um so zu enden, nicht zu wiederholen. So entstand eine kooperative Beziehung, welche später in einer Reihe an Bündnissen zwischen den neuen Städten Ashina und Nassau resultierte. Zwar konnten wir uns gelegentlich mit ein paar Ressourcenspenden helfen, waren allerdings auch durch die enorme Entfernung zwischen unseren Baustellen sehr limitiert was Hilfe in anderen Bereichen anging. Somit erkundigte ich mich, wer sich denn alles in meiner Umgebung befand und ob man diese Leute nicht vielleicht anwerben könnte. Daraufhin lernte ich den Zwerg Leonhard, welcher in "Birkenschlucht" sein angeborenes Verlangen nach Bergbau auslebte, kennen. Anfangs war das auch hier wieder eine kooperative Beziehung, jedoch entschied sich Leonhard ziemlich schnell, doch nach Nassau umzusiedeln. Nicht zu letzt lag das daran, dass sich auf dem Berg neben Birkenschlucht drei unangenehme Zeitgenossen ansiedelten, welche ihm das idyllische Leben bald nicht mehr möglich machten. Nachdem ich dann durch Leonhard schonmal eine grundlegende Versorgung an Erzen und verschiedensten Gesteinssorten hatte, wandte ich mich an zwei Menschen, welche weiter nördlich von Nassau siedelten. Diese beiden sind keine geringeren als Penta, welcher seitdem als Kartograph in Nassau lebte, und Thomas, seines Zeichens Gastwirt. Ab diesem Punkt sprach es sich rum, dass nordwestlich von Adventoria eine neue Stadt ähnliche vielversprechende Voraussetzungen bietet. Im Nachhinein betrachtet, ist dies vermutlich der Anfang vom Ende Nassaus. Wenn ich mir die heutige Situation der Stadt anschaue, hätte ich es bei einem idyllischen 4-köpfigen Dorf belassen sollen. Es kam, wie es kommen musste, da sich in den darauffolgenden Wochen eine wahre Bevölkerungsexplosion verzeichnen ließ. Nassau erhielt in kürzester Zeit alles, was eine Stadt brauchte. Wir hatten einen Schmied, einen Bauern, einen Gastwirt, einen Kartograph, einen Jäger, einen Fischer, einen Verzauberer, einen Bergarbeiter, mehrere Ritter und vieles mehr. Die Nassauer lebten im Überfluss. Der Andrang endete aber nicht. Es kamen immer mehr Leute. Die bereits stehenden Stadtmauern limitierten schließlich die Anzahl an Leuten, die wir aufnehmen konnten. Zu dieser Zeit war Nassau die Hauptstadt der Republik Arctus, welche jedoch zu diesem Zeitpunkt keine demokratischen Elemente enthielt. Einer meiner treuesten Anhänger, Magnus, war währenddessen daran interessiert, Vizekanzler zu werden, was in Anbetracht des Wachstums der jungen Republik auch keine schlechte Idee war. Jedoch fand ich eine Lösung, welche mir zu diesem Zeitpunkt perfekt schien: Ich lasse die ganzen überschüssigen Leute eine neue Stadt nahe Nassau gründen, damit sie ebenfalls Teil der Republik sein können und lasse Magnus Bürgermeister werden. So entstand etwas nördlich von Nassau die Kleinstadt Gladbach. Auch diese Stadt wuchs schnell und war sehr bald autark. Ich war naiv, zu glauben, dass sich politische Machtkämpfe nicht auch in Thymelicus bilden können. Nachdem ich nämlich Gladbach die Unabhängigkeit schenkte, da ich mich selber nicht mehr in der Lage sah, zwei Städte zu verwalten, war Magnus mit der neuen Macht völlig überfordert. Er tat etwas, was ich bisher für unmöglich hielt. Mit einigen seiner Gladbacher überfiel er mich in Nassau, sein Motiv ist mir bis heute unbekannt. Die Macht über Gladbach ließ ihn wahnsinnig werden. Jedoch gelang es ihm nicht, mich zu töten, da Thomas und Penta mich unterstützten und wir kurz darauf die Verräter verjagen konnten. Allerdings schafften es Magnus und seine Anhänger, bevor sie mich überfielen, Chaos und Unruhe in Nassau zu stiften. Sie verletzten einige Einwohner und raubten sie aus. Um Stadt nach der Vertreibung der Putschisten nicht weiter zu gefährden, ließ ich Gladbach dann von meinen Truppen überfallen und niederbrennen. Niemals wieder in der Geschichte von Arctus sollte so nahe an Nassau die Gründung einer neuen Stadt zugelassen werden. Ich würde wirklich gerne sagen, dass an diesem Punkt alles wieder gut wurde und die Welt von Thymelicus wieder Frieden erfuhr, jedoch war dem nicht so. Nachdem der große Arctische Bürgerkrieg ein Ende fand, versuchte ich, Nassau abzuschotten. Zwar trat Arctus später dem Dreimächtepakt mit Ashina und Adventoria bei, verließ ihn jedoch kurze Zeit später aufgrund diplomatischer Spannungen. Die Zeit der Abschottung Nassaus läuft heute immer noch. Weder in den Konflikt zwischen Ashina und dem Bündnis aus Krypthon und Ashina, noch in den Konflikt zischen Provectus und Adventoria mischte sich Nassau offiziell ein. Mittlerweile ist Nassau nur noch ein Schatten seiner selbst. Die glorreichen Tage sind vorbei. Die Frage des Titels ist aber noch nicht ganz geklärt. Woran genau scheiterte denn jetzt alles? Meine Antwort: Zivilisation. Arctus war das Ergebnis euphorischer Bemühungen, in Thymelicus genau das gleiche zu machen wie in den restlichen Teilen der Welt. Korruption und Machtkämpfe sind Folgen, welche zwangsweise auf sowas folgen. Nassau wurde mit der Liebe seiner Einwohner erschaffen. Die Stadt wird immer in meinem Herzen bleiben, aber ich bin überzeugt davon, dass es an der Zeit ist, einen anderen Weg zu gehen, um vergangene Fehler nicht zu wiederholen. Denn mein ursprüngliches Ziel, nicht die selben Fehler wie Adventoria zu machen, habe ich gnadenlos verfehlt.
Nichtsdestotrotz beginnt für jeden ab jetzt ehemaligen Einwohner Nassaus ein neues Kapitel in unserer Geschichte. Was mich angeht, müsst ihr mich schon finden, bevor ich euch meine Zukunftspläne verrate.
Gehabt euch wohl,
euer Ex-Kaiser, Ex-Kanzler und Ex-Bürgermeister Phex
Fucking Gänsehaut
Ein wahrlich rührender Bericht über die einst so mächtige Metropole dieser Lande.
Wenngleich ich bedauere, dass Nassau nun so ganz verlassen wieder der Gewalt der Natur übergeben wird, hoffe ich doch wenigstens, dass die Ruinen dieses einstigen Zentrums der Zivilisation als Erinnerung und Mahnung für künftige Generationen erhalten bleiben.
Valete Arctorii!
Bonus Meme:
Citizens of Arctus be like after realizing what their civilization has become: